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Zeichnen in Cranachs Werkstatt - zur Ausstellung in der Fränkischen Galerie Kronach
In der Fränkischen Galerie Kronach ist vom 24. März bis 24. Juni 2018 ein bedeutender Bestand an Zeichnungen aus der Graphischen Sammlung der Universitätsbibliothek Erlangen zu sehen. Kurator Dr. Manuel Teget-Welz stellt die Ausstellung vor.
Die Graphische Sammlung der Universitätsbibliothek Erlangen gehört mit ca. 2.000 Handzeichnungen zu den größten ihrer Art. Die Sammlung ist weltweit einzigartig, weil es sich bei den Blättern zum Großteil um das Arbeitsmaterial bedeutender frühneuzeitlicher Künstlerwerkstätten handelt. Der Hauptteil stammt aus der Reichsstadt Nürnberg, wo er seit dem späten 14. Jahrhundert von Generation zu Generation weitergegeben und so vermehrt wurde. Später gehörten die Zeichnungen den Markgrafen von Ansbach, ehe sie zusammen mit der markgräflichen Bibliothek an die von den Hohenzollern gegründete Universität Erlangen abgegeben wurden.
In der Erlanger Sammlung befinden sich die Zeichnungsnachlässe hervorragender Nürnberger Meister, darunter Albrecht Dürer und Peter Flötner. Das größte Konvolut aber stammt aus der Werkstatt von Lucas Cranach d. Ä. und seinem Sohn Lucas d. J. In Erlangen sind aus dem Cranach-Atelier verschiedenste Arbeitszeichnungen vorhanden, von der schlichten Lehrlingszeichnung über die zu Dokumentationszwecken angefertigte Kopie bis hin zum raren Entwurf von Meisterhand. Die Blätter geben facettenreiche Einblicke in die Arbeitsweise der Künstlerfamilie Cranach und ihrer zahlreichen Gehilfen.
In der Cranach-Ausstellung der Fränkischen Galerie Kronach ist der Cranach`sche Zeichnungsbestand der UB Erlangen erstmals seit über 20 Jahren wieder vollständig zu sehen. Die einzelnen Sektionen der Ausstellung sind den verschiedenen Funktionsarten der Blätter gewidmet, der Besucher gewinnt so einen einmaligen Einblick in die Produktionsweisen der Wittenberger Bildermanufaktur. Zum Bestand gehören neben Gehilfenarbeiten auch rare Meisterblätter von Lucas Cranach d. Ä. sowie der beiden Malersöhne Hans und Lucas d. J.
Abb. 1 Cranach-Werkstatt: Männlicher Akt nach rechts. Feder in Schwarz, grauschwarz laviert. Graphische Sammlung der UB Erlangen
Teil des Erlanger Cranach-Konvoluts ist eine mit Feder und Lavierung ausgestaltete männliche Aktfigur (Abb. 1). Das Blatt wird als Detailvorlage für ein Gemälde gezeichnet worden sein. Derartige Musterblätter wurden von Lucas Cranach d. Ä. und seinen Gehilfen durchaus multifunktional angelegt. So konnte aus der vorliegenden Figur – je nach Wahl der Attribute – ein heidnischer Apoll oder ein christlicher Adam gemacht werden. Seine nächste Entsprechung im Cranach-Werk hat der Erlanger Akt im Gemälde „Apoll und Diana“ von 1530 (Berlin, SMPK, Gemäldegalerie/Abb. 2).
Abb. 2 Cranach-Werkstatt: Apoll und Diana. Dat. 1530. Malerei auf Rotbuchenholz. Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie
Ein anderer Entstehungshintergrund steht hinter der Federzeichnung „ Selbstmord der Lukretia“ (Abb. 3). Es handelt sich um eine im Kontext der Lehre zum Maler entstandene Anfängerzeichnung. Die grob gestaltete Figur wurde offenbar nach unterschiedlichen Vorlagen wenig gekonnt zusammengefügt. Gemälde zum Thema „Selbstmord der Lukretia“ gehörten zu den regelrechten „Verkaufsschlagern“ der Cranach-Werkstatt. Um diese quasi in Serie fertigen zu können, wurden die angehenden Gehilfen durch Kopieren und Kompilieren geschult. Dieses Ausbildungsverfahren wurde auch von Albrecht Dürer beschrieben.
Abb. 3 Cranach-Werkstatt: Selbstmord der Lukretia. Feder in Schwarz, über Vorzeichnung mit schwarzem Stift. Graphische Sammlung der UB Erlangen
Die Ausstellung "Zeichnen in Cranachs Werkstatt" entstand in Kooperation der Lucas-Cranach-Stadt Kronach mit der Universitätsbibliothek der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und dem Bayerischen Nationalmuseum in München. Begleitend erscheint ein vom Kunsthistorischen Institut Erlangen erarbeiteter, umfassender Katalog im Michael Imhof Verlag, gefördert von der Ernst von Siemens Kunststiftung.