17.10.2022 13:09 Alter: 231 days
Kategorie: Artikel

Stimmen aus dem Cranach-Jahr 2022: Aschaffenburg und Kronach

500 Jahre Septembertestament - Einblicke in ein reges Ausstellungsgeschehen


Zwischen den Stühlen: Cranach, Luther und der Kardinal

Ausstellung vom 15.10.2022 bis 08.01.2023 aus Anlass des 500. Jahrestags von Martin Luthers „September-Testament“ in Kooperation mit der Hofbibliothek Aschaffenburg

Stiftsmuseum Aschaffenburg – Stiftskirche St. Peter und Alexander – Ruine der Beginenkirche im Schöntal-Park

Ambivalenzen einer Umbruchszeit

1525 war mit der Neuausstattung der Hallenser Stiftskirche des Kardinals Albrecht von Brandenburg durch die Cranach-Werkstatt einer der größten Gemäldeaufträge der deutschen Kunstgeschichte vollendet – während dieselbe Werkstatt Martin Luthers Texte mit einprägsamen Holzschnitten illustrierte. Im selben Jahr forderte Martin Luther – unmittelbar nach seiner eigenen Hochzeit mit Katharina von Bora – Deutschlands mächtigsten Kirchenfürsten dazu auf, doch endlich seine Konkubine Agnes Pless zu heiraten. Doch Albrecht hielt seiner Lebensgefährtin die Treue, auch nachdem er 1541 durch die Reformation gezwungen war, Halle in Richtung seiner Mainzer Residenz Aschaffenburg zu verlassen. Dort machte er sie zur Vorsteherin eines kleinen Beginen-Konvents.

Berührend sind zwei Grabsteine in der Aschaffenburger Stiftskirche, eine der drei Ausstellungsstationen: Einer gilt Albrechts „Schwiegermutter“ Anna Strauss, mit deren Tochter Agnes Pless er etwa 20 Jahre lang liiert war. Und dann gibt es da noch seinen Enkel, der nach ihm ebenfalls Albrecht hieß. Der offenbar hochbegabte kleine Kerl starb mit nur drei Jahren, und seine todtraurigen Eltern haben ihm diesen ungewöhnlichen Stein errichten lassen – in der Stiftskirche seines Großvaters, die ebenfalls Ausstellungsstation ist.

Plakat Zwischen den Stühlen: Cranach, Luther und der Kardinal 2022

Mit dieser Ausstellung beteiligt sich die Stadt Aschaffenburg als Neu-Mitglied erstmals an den gemeinsamen Aktivitäten der „Wege zu Cranach“.

Dr. Thomas Schauerte

 

Cranach & Kronach. Eine Stadt blickt zurück auf 550 gemeinsame Jahre

Das Cranach-Jahr 2022 bot gleich zwei gute Gründe zum Feiern – den 550. Geburtstag des Malerfürsten und 500 Jahre Septembertestament.

Im März läutete die Stadt Kronach ihr Festjahr feierlich ein, das im Juni mit der ersten Jubiläumsausstellung und der noch nie gestellten Frage nach dem Verhältnis der Geburtsstadt zu ihrem großen Sohn durch fünfeinhalb Jahrhunderte begann.

Plakat Kronach & Cranach 550 gemeinsame Jahre? 2022

Was wusste man von dem kometenhaften Aufstieg des als Lucas Maler geborenen Künstlers am kursächsischen Hof und wie fand der verlorene Sohn seinen exponierten Platz in der Erinnerungskultur der heutigen Lucas Cranach Stadt?

Eine Neuentdeckung: der kulturelle Brückenschlag im geteilten Nachkriegsdeutschland, als Kronach nur wenige Wochen nach der blutigen Niederwerfung des Volksaufstands vom 17. Juni 1953 in engstem Austausch mit dem Deutschen Lucas Cranach Komitee der DDR stand. Jenseits aller politisch-ideologischer Grenzen fanden die Cranach-Orte Wittenberg, Weimar und Kronach damals zu einer ersten Kooperation.

Festakt Cranach Jahr 1953, Bildrechte: Stadt Kronach

Im Juli eröffnete dann Landesbischof Prof. Heinrich Bedford-Strohm die Kabinettsausstellung zu 500 Jahren Septembertestament, die unter Mitwirkung des Dekanats Kronach-Ludwigsstadt der EKD Bayern entstand und durch eine Podcast- und Vortragsreihe umrahmt wird. Im Fokus steht einerseits die theologische Bedeutung von Luthers Übersetzung des Neuen Testaments, andererseits Cranachs spannende Doppelrolle als Illustrator und Verleger dieses ersten Bestsellers der Druckgeschichte.

Alexander Süß

Eröffnung durch den Landesbischof Prof. Heinrich Bedford-Strohm, Bildrechte: Stadt Kronach