Erfurt

Christus als guter Hirte

Lucas Cranach d.J., Christus als guter Hirte, Erfurt, Angermuseum

Lucas Cranach d.J.
um 1540
Mischtechnik auf Holz
bez. oben rechts, hinter dem Lamm: nach links ausgerichtetes Schlangensignet mit liegenden Flügeln
20,5 x 14,5 cm
Angermuseum Erfurt
Inv.-Nr. 4411


Kaum ein Bild hat die Menschen seit alters her so angesprochen wie das vom Guten Hirten, gehört doch das Hüten einer Herde zu den ältesten Tätigkeiten. "Guter Hirte" im übertragenen Sinne wurde früh auch ehrenvoller Beiname von Herrschern und Königen.

Mit dem Beginn der christlichen Kunst wird das antike Motiv des jungen Hirten mit dem Schaf auf den Schultern zum Bildnis Christi des Erlösers. Sowohl die Überlieferung des Alten Testaments (z.B. Psalm 23: "Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen") als auch auf das Gleichnis vom verlorenen Schaf bei den Evangelisten Lukas (Lk 15, 1-7) und Matthäus (Mt 18, 12-14) und der im Evangelium des Johannes enthaltenen Hirtenrede (Joh. 10 – "Ich bin der gute Hirte") bilden dessen Grundlage.

Im Zusammenhang mit der bildhaften Vermittlung der Lehren Luthers beschäftigte sich Cranach mit seiner Werkstatt nicht nur damit, neue Bildmotive zu finden wie die Darstellung "Christus und die Kindlein" (Cranach des Monats Februar 2014), sondern auch traditionelle Motive neu zu deuten. Die Rückführung des verirrten Schafes zur Herde schien dafür besonders geeignet.

Das kleine Erfurter Bild konzentriert sich auf das Wesentliche: Vor dunklem Hintergrund ist Christus in Halbfigur gegeben. Sein Haupt ist zur Seite geneigt, man meint ihm die Erschöpfung der Suche nach dem Lamm anzusehen, das sich auf seinen Schultern an ihn schmiegt. Mit beiden Händen hält Christus das Lamm fest.

Der Bildausschnitt und die fehlenden Malkanten legen nahe, die Beschneidung eines ursprünglich größeren Bildes, etwa einer ganzfigürlichen Darstellung, anzunehmen.

Das Bild wurde 1750 für das Kunst- und Naturalienkabinett am evangelischen Waisenhaus in Erfurt, der seit 1735 bestehenden ältesten musealen Sammlung der Stadt, angekauft. Mit der Übertragung der durch einen Brand 1872 schwer geschädigten Waisenhaussammlung befindet es sich seit 1903 im Besitz des Angermuseums Erfurt.

Karsten Horn

Der Autor des Textes ist als Kurator der Sammlung mittelalterliche Kunst im Angermuseum Erfurt, Kunstmuseum der Landeshauptstadt, tätig.